Eine Stadt im Bann des Designs
Das Stadtzentrum gehört während der Design Week den Showrooms, spannenden Ausstellungen und aufwendigen Installationen, die sich temporär in atemberaubenden Palazzos präsentieren. Üblicherweise verschlossen, öffnen die Palazzos und Innenhöfe Mailands ihre Türen und Tore für die Designwelt. Parallel findet die Möbelmesse in Rho statt. Hier finden sich nicht nur die ganz grossen Marken, sondern auch Newcomer und spannende Kollaborationen.
Ich war für talsee vom 4. bis 9. April in Mailand unterwegs, um Trends und Inspirationen fürs Badezimmer aufzuspüren. Dabei sind mir 11 Trends ins Auge gefallen, die Mailand dieses Jahr besonders prägten.
Slow Design - Slow Living
Eine neue Gemütlichkeit scheint Einzug ins Eigenheim zu finden. “Hygge” oder auch “Cozy-Cocooning” nennen sich stressfreie Zonen zur Erholung. Hier werden Qualität, Handwerkstradition, Naturfarben und Gediegenheit gross geschrieben.
Sustainable - Die Zukunft ist ressourcenbewusst
Mini Living zeigt zukunftsweisende Interpretationen von ressourcenbewusstem Zusammenleben auf kleinstem Raum in der Stadt. Die Installation zeigt, wie Architektur auf die zukünftigen Herausforderungen von immer knapper werdendem Wohnraum und begrenzten Ressourcen im urbanen Umfeld kreativ reagieren kann.
Im Fabrikgelände BASE der Zona Tortona werden Plastikverpackungen in Form von Sitzloungemöbeln neues Leben eingehaucht. Der sorgfältige Umgang mit langlebigen Rohstoffen setzt sich durch. Natürliche und recyclierbare Materialien wie massiver Naturstein, Stahl oder Wolle prägen das Bild und manifestieren das Bedürfnis nach Sesshaftigkeit.
Wunsch nach Luxus und Gediegenheit
Das Luxus-Label Louis Vuitton hat erneut die Crème de la Crème der Designwelt versammelt und in Mailand die erweiterte, opulente Serie “Objets Nomades” gezeigt. Der Wunsch nach Luxus und Gediegenheit ist angesagt.
Nie war das Nomadentum so en vogue wie heute - Sogar Haute Couture-Häuser lieben nun Hängematten und Campingstühle. Hängen und Schaukeln ist angesagt!
Die Terrazzo-Steinzeit erlebt ein Comeback
Der Marmortrend übt auch dieses Jahr seine Anziehungskraft aus. Kälte, Härte und eine einzigartige Maserung machen jedes Stück, ob Möbel oder Accessoire, zu einem Unikat. Das volle Marmor-Farbspektrum war in Mailand vertreten. Sogar Marmor in Form von Tapete war immer wieder zu sehen.
Der Terrazzo-Stein gibt sein grosses Comeback. Im 20. Jahrhundert erlebten Terrazzoböden in Europa eine wahre Blütezeit. Kirchen, Bahnhöfe, öffentliche Gebäude und Wohnungen wurden mit dem Bodenbelag ausgestattet. In den 60er Jahren weitestgehend vom Markt verdrängt, feiert das gesprenkelte Muster nicht nur auf dem Boden sein Comeback.
Holz-Haptik in rustikaler Eleganz
Möbel und Tischplatten zeigen sich mit ausgeprägten Strukturen, Riffelungen und liefern eine spürbare Haptik auf den Oberflächen. Auch zeigen sich detailverliebte Schnitzereien auf Kleinmöbeln und Accessoires, sowie grosse Risse auf langen Holztischen, rustikal-elegant umgesetzt.
Stabtäfer und hochwertigste Möbel in Stabholz zeigen Präsenz. In allen Facetten zeigten sich sämtliche Holzarten im vollen Farbspektrum: von Nussbaum, über Esche, Buche, Eiche, Erle und Kirschbaumholz bis zum schwarzen “carbone oak melamine” - gerne auch frech und gekonnt kombiniert. Auch das Patchen von Stein und Holz für Bodenbereiche und Accessoires erlebt sein Comeback.
Oxidierte oder pulverbeschichtete Metalle
Messing und brüniert-mattes Eisen kam bei verschiedenen grossen Möbelproduzenten wieder zum Vorschein. Das brünierte Metall zeigt sich edel im Verbund mit Stein und Holz oder Glas und wirkt sehr dezent und elegant. Kupfer, Messing und Gold begleiten das Interiordesign weiterhin, aber die Metalle wirken weniger dekadent und aristokratisch und bleiben stattdessen als Akzent bezaubernd dezent.
Pulverbeschichtete Metalle in Form von Stuhlrahmen und ganzen Stühlen ermöglichen interessante Farbspiele.
Flechttechnik aus aller Welt
Alle Variationen von Geflechten belebten Mailand: Ob Wiener Rohr- oder bäuerlicher Flechttechnik aus aller Welt, als Möbel, Accessoires oder Lampen, in Naturmaterialien (Bast), in farbigem Plastik oder in Metall für Innen- und Aussen-Bereiche.
Qualitäts-Handwerk
Alte Handwerks-Traditionen werden von Designern wieder aufgegriffen und zu modernen Objekten umgesetzt. Gutes Handwerk wird nach wie vor sehr geschätzt. Das Sattlerleder etwa, ein dickes Natur-Kernleder, ist ein grosses Thema bei Poltrona Frau, Hermes und Louis Vuitton.
Vertikale Pflanzenwelten
Wo auch immer ich hinschaute, prägten Pflanzen und üppige Gewächse in allen Variationen das Bild: Grosse und kleine Pflanzen, in grossen blau angemalten Kübeln, mit Artischocken bepflanzt, als Trennung in Gruppen sowie hängend und baumelnd von der Decke herab. „Vertical Green“ ist in der Architektur ein ebenso präsentes Thema in Mailand.
Einer der wichtigsten Einrichtungstrends 2017: Pflanzen überall im Haus. Auch an der Wand. Vertikale Grünflächen erfreuen sich auch zunehmender Begeisterung im privaten Wohnbereich.
Botanische Wandtapeten
Exotische Dschungel-Wandbilder, bei denen man Tukane und Papageien rufen hört. Auch hier spürt man den Sustainability-Trend. Es wurde die Struktur- und Formenvielfalt von Blättern aufgegriffen und in tolle Muster überführt. Fantasiehafte Schmetterlinge, rosarote Flamingos und ein Patchwork archaisch-afrikanischer Ornamente spiegeln die Vielfalt der Erde wider und zieren etliche Wände.
Rosa und Beerentöne dominieren die Farbwelten
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Babyrosa, Altrosa und Beerentöne kommen im Interior-Bereich, ähnlich wie in der Mode, derzeit besonders häufig vor. Allerdings nicht nur als einzelnes Farbhighlight, sondern meist in Kombination mit anderen Farben wie dunkel- und hellgrünen, blauen, gelben, grauen und braunen Farbtönen.
Noch immer träume ich von der Vielfalt an Eindrücken, die ich in Mailand sammeln durfte. Und freue mich schon darauf, die eine oder andere Inspiration in Form von präzise eingesetzten Accessoires, Wand- oder Bodenmaterialisierungen für talsee einsetzen zu dürfen.
Alle Bilder: © Valeria Gunz
Über die Autorin:
Farben, Muster und Materialien gekonnt zu einer stilsicheren und harmonischen Inneneinrichtung kombinieren, genau das ist die Handschrift der Luzerner Interior Stylistin Valeria Gunz. Sie kreiert Wohn- und Geschäftsräume mit Anziehungskraft. Ein passendes Designobjekt finden, eine ganze Wohnung einrichten, Showrooms oder Messestände gestalten: Wenn Stilsicherheit im Interior Design gefragt ist, kann Valeria Gunz ihr ganzes künstlerisches Talent und ihre Internationale Erfahrung ausspielen. Die gelernte Modedesignerin beschäftigt sich seit 20 Jahren mit dem Einrichten von Räumen. Valeria Gunz war als Stylistin und Creative Director für renommierte Möbelfirmen im Design-Mekka Mailand und in der Schweiz tätig. Dazu zählen so klangvolle Namen wie Piero Lissoni, Living Divani, Porro, Boffi, Rifra, De Sede, Team by Wellis, Intertime und talsee. Mehr Informationen über die Mailänder-Trends, ihren umgesetzten Interior Projekten und dem Design-Shop finden Sie auf der Stilvoll-Site, ein Blick lohnt sich: www.valeriagunz.ch